Wo gutes Fleisch ist, da gehört auch guter Ketchup hin – davon sind die Curtice Brothers – und Sisters – überzeugt. Foto: Curtice Brothers.

Die Welt des Ketchups ist – noch! – recht eintönig. Die führende Marke besitzt in Deutschland rund 30 Prozent Marktanteil. Auch im Außer-Haus-Markt glaubt bisher kaum ein Gastronom, ohne das allgegenwärtige Produkt aus den USA auszukommen. In der ganzen Gastronomie? Nein: Ein wachsender Kreis anspruchsvoller Konzepte mit Fokus auf hochwertigem Fleisch setzt inzwischen auf den kleinen Mitbewerber Curtice Brothers. Hinter der Marke stehen sieben erfahrende Gastro-Profis, die sich ein Ziel gesetzt haben: aus dem Nischenprodukt Ketchup wieder einen handwerklich gefertigten Premium-Artikel zu machen. Eine beeindruckende Startup-Story darüber, warum David dem Goliath manchmal überlegen ist – und ein Lehrstück, wie mit Liebe, Leidenschaft und viel persönlichem Einsatz der Weg in Gastronomie und Handel auch ohne großes Marketing-Budget gelingen kann.  

Auf die Idee, die traditionsreiche Ketchup-Marke Curtice Brothers wiederzubeleben, kam Mario C. Bauer, bei Vapiano lange Jahre für die internationale Expansion verantwortlich, als  ihm auffiel, dass vom Edel-Steakhouse bis zum Imbiss überall der gleiche Ketchup angeboten wird. „Ich habe nicht verstanden, warum das so ist“, erzählt der Unternehmer. „Und dann wollte ich wissen, was im Ketchup des Marktführers drin ist.“ Er schickte eine Probe ins Labor und erfuhr: Tomaten sind gerade einmal zu 17 Prozent enthalten. Zucker dafür zu 30 Prozent. Das geht besser, war Bauer überzeugt und lud Freunde zum Probekochen ein. 

Product Designer Christoph Callies hatte zusammen mit Mario C. Bauer die Idee, mit Curtice Brothers die Ketchup-Welt zu revolutionieren. Er kümmert sich um Brand Design und Kommunikation. Foto: René van Bakel. 

Gründungs-Brother Mario C. Bauer ist in ganz Europa unterwegs, um Gastronomen und Händler vom Curtice Brothers-Ketchup zu überzeugen. Zuvor eröffnete er auf der ganzen Welt Vapiano-Restaurants. Foto: Polina Butsenko.

Die Vorgaben: so viel Tomate wie möglich, keine Pulver, keine Pasten. „Wir hatten wirklich keine Ahnung, wie man Ketchup macht“, erinnert sich Bauer. Dafür hatten sie eine Vision: „La Dolce Vita in der Flasche“. Nach vielen Versuchen stand am Ende ein buchstäblich „disruptives“ Produkt – natürlich Bio – rein aus Tomaten (77 Prozent), Zwiebeln, Äpfeln und ein wenig Knoblauch, das im Gegensatz zu anderen Ketchups sogar als „cooked“ beworben werden darf, weil es tatsächlich gekocht wird. „Das ist ziemlich aufwändig und dauert seine Zeit. Wir haben einen Kochverlust von 30 Prozent des Volumens“, berichtet Bauer. „Wir haben lange diskutiert, ob wir es überhaupt ‚Ketchup‘ nennen sollen.“ 

Die Familiengeschichte weiter erzählen

Schließlich war die Kategorie durch die großen US-Marken längst definiert, der Geschmack der Verbraucher auf „süß“ programmiert. Wollte man sich wirklich dort einreihen? Den Ausschlag gab schließlich, dass die vier Gründer auf die älteste Ketchup-Marke der Welt – Curtice Brothers – stießen, deren Schutzrechte allerdings schon seit 1955 ausgelaufen waren. Die Geschichte dahinter – eine Familie von Dosentomatenproduzenten und Händlern, die im 19. Jahrhundert wegen einer überragend guten Tomatenernte erstmals Ketchup hergestellt hatte – bot viel Gelegenheit zum Storytelling. „Genau das, was wir brauchten, um im Markt auf uns aufmerksam zu machen“, befand Bauer und sicherte sich die Markenrechte. 

„Wir haben auch mit den Erben der Familie gesprochen – sie waren begeistert, dass wir die Marke Curtice Brothers wieder aufleben lassen wollten.“ Auf die Frage, wann genau denn Curtice Brothers gegründet wurde, konnten die Nachfahren der Urväter Simeon und Edgar Curtice nur das Jahr 1868 nennen. „Es muss nach der Ernte, im Herbst oder frühen Winter gewesen sein“, erklärt Bauer. „Und da ein Sohn der Familie – Curtice James – am 12. Dezember geboren wurde, haben wir den Markengeburtstag kurzerhand auf dieses Datum gelegt. Sie feiert also in diesem Tagen ihr 150. Jubiläum!“

„Fünf-Sterne-Hotels sind unsere einfachsten Kunden: Sie verstehen sofort, dass ein hochwertiges Konzept auch guten Ketchup braucht.“

Mario C. Bauer

Gründer, Curtice Brothers

Die Sprache der Gastronomen sprechen

Geschichten wie diese – und dass Bauer und seine Mitstreiter sie unermüdlich erzählen – sind neben der Produktqualität verantwortlich für die beeindruckende Karriere, die der Ketchup in den vergangenen vier Jahren in der deutschen und inzwischen auch internationalen Gastronomie hingelegt hat. Namhafte Unternehmen wie die Frankfurter Mook-Gruppe, Apeiron (The Ash), Eataly, WhatsBeef, die 25hours-Hotels und Feinkost Käfer bieten ihren Gästen bereits Curtice Brothers Ketchup an. 

Die Geschichte vom Teddy Bär

Teddy Bear Buch

Geschichten erzählen liegt Mario C. Bauer im Blut. Eine mag er besonders: Die Geschichte vom Teddy-Bären, die ihm einmal der blinde Bergsteiger Andy Holzer erzählt hat. Eine Geschichte vom Überwinden der Angst, der Lust auf Neues und dem Mut, Hürden zu nehmen und durch Türen hindurchzugehen. Gemeinsam mit dem Autor Christian Rogers hat Bauer daraus ein kleines Buch mit großem Inhalt gemacht: The Teddy Bear is Everywhere erzählt auf Deutsch und auf Englisch vom Aufbruch ins Unbekannte und dem Blick über Grenzen hinaus. Es ist zu bestellen bei Amazon. Vom Verkaufspreis gehen 5 Euro an das St. Anna Kinderhospital in Bauers Heimatstadt Wien. Weitere Informationen unter https://aperitivo.international.

Warum der Weg über die Gastronomie? „Wir sind ein Nischenprodukt in einem Nischenmarkt“, erklärt Bauer. „Um uns zu etablieren, müssen wir unsere Geschichte erzählen. Das schafft der Handel nicht, wenn wir jedoch einen Gastronomen überzeugen, erzählt er die Story seinen Gästen weiter, trifft sozusagen die Vorauswahl für sie und wir erreichen einen größeren Kundenkreis als im Handel, wo Curtice Brothers unkommentiert neben den bekannten Produkten steht und locker das Doppelte kostet.“ Als erfahrende Gastro-Profis sprechen die inzwischen sieben „Brothers“ ohnehin die Sprache der Gastronomen, kennen ihr Geschäft und genießen eine Art Vertrauensvorschuss.

Bei der Kundenakquise nutzen die Curtice Brothers auch ihr großes Netzwerk in der internationalen Gastronomie. Hier überzeugen sie Martin Hildebrandt vom Café und Brasserie Sokkelund in Kopenhagen. Foto: Curtice Brothers.

 „Im Außer-Haus-Markt haben wir eine Conversion Rate von 70-80 Prozent. Die Köche schmecken einfach den Unterschied.“ Außerdem: „Im Handel ist es für uns noch schwieriger als in der Gastronomie, als Ketchup-Produzenten überhaupt einen Termin zu bekommen.“ 

Diese vier weiteren Curtice Brothers stießen im Laufe der Zeit zum Startup (v.l.): Enrico Sodano, Ehren Ashkenazi, Andreas Karlsson und Philipp Zinggl. Der siebte Brother möchte im Hintergrund bleiben. Fotos: Curtice Brothers.

Was Gin Tonic mit Fleisch und Ketchup zu tun hat

Gerade in den neuen Burger-Läden kommt aber doch oft selbst gemachter Ketchup auf den Tisch? „Selbst gemacht bedeutet ja noch lange nicht gut“, so Bauer. „Vielen Gastronomen ist die Qualität des Ketchups zwar wichtig, aber sie betreiben das Selbermachen doch nur halbherzig, neben dem Hauptgeschäft. Wir bitten sie zum Geschmackstest, der die meisten sehr schnell überzeugt.“ Die leichtesten Kunden seien momentan 5-Sterne-Hotels. „Sie verstehen, dass ein Premium-Konzept auch hochwertigen Ketchup braucht.“

„Wir haben den Markengeburtstag auf den Geburtstag eines echten Curtice Brothers, den 12. Dezember, gelegt. 1868 gegründet, feiert sie also in diesem Tagen ihr 150. Jubiläum!“

Mario C. Bauer

Gründer, Curtice Brothers

Dass sich das „Klinkenputzen“ die Gastronomie lohnt, davon waren Bauer und seine „Brothers“ immer überzeugt. „Unser Vorbild war immer Gin Tonic“, sagt der Unternehmer. Aha? „Mit dem Aufschwung des Gins wurden die tollen neuen, handwerklich erzeugten Produkte immer mit preisgünstigem Tonic kombiniert. Erst nach und nach gesellten sich ebenso hochwertige Tonic Waters dazu. Sie sind heute aus der Gastronomie nicht mehr wegzudenken und erobern auch zunehmend den Handel. Genauso wollen wir es in puncto Fleisch und Ketchup machen.“ 

Vor allem mit seinem hohen Anteil frischer Tomaten von 77 Prozent soll der Curtice Brothers-Ketchup im Markt punkten. Er ist außerdem Bio und vegan, enthält 50 Prozent weniger Zucker und Salz als andere Produkte, die Zutaten werden aus der Region bezogen und in der Toskana verarbeitet. Foto: Curtice Brothers.

Erste Erfolge im handel

Der Plan scheint aufzugehen. Neben ersten Feinkost-Händlern hat nun auch die französische Supermarktkette Monoprix Curtice Brothers gelistet. „Wir werden in etwa 100 Standorten im Raum Paris erhältlich sein“, erzählt Bauer stolz. „Letztendlich entscheidet die Performance im regulären Handel über den Erfolg oder Misserfolg eines Produkts.“ Bisher hätten alle Hersteller Heinz nur über den Preis angegriffen. „Wir setzen dagegen auf Qualität und werden immer Premium bleiben, uns dem Preisdruck nicht beugen. Denn wir sind überzeugt, dass mittelfristig die Premium-Saucen den Markt erobern werden.“ 

Also stehen die großen Player wie Rewe, Edeka und auch McDonald’s auf der Liste der Unternehmen, die Mario C. Bauer in den kommenden Monaten als Curtice Brothers-Kunden gewinnen will? „Erst mal nicht“, winkt der Unternehme ab. „Momentan konzentrieren wir uns auf den Außer-Haus-Markt und den Feinkosthandel. Auch in Online-Fleisch-Shops werden wir super angenommen.“

Jetzt auch Curtice Brothers Mayo

Rund 100 Tonnen Ketchup sollen 2019 produziert werden. Hinzu kommen Neuheiten wie eine Bio-Mayo aus Eiern freilaufender Hühner und demnächst eine Chili-Sauce. „Mit ihnen vertreten wir denselben Anspruch an Qualität und Natürlichkeit wie beim Ketchup“, unterstreicht Bauer. „Wichtig ist, dass auch unsere Partner an unseren Erfolg glauben und sich darüber freuen.“ Deshalb wird er auch im kommenden Jahr durch Europa touren und die Mission der Curtice Brothers voran treiben: „Make Ketchup Great Again!“

Wenn die Curtice Brothers aufeinander treffen, ist immer Spaß und Leidenschaft für Ketchup dabei. Foto: René van Bakel.

1 Kommentar

  1. Michael Alkühn

    Na ja, REWE Merkur wirbt heute mal schon damit. 3,79 ist zwar a bissal ???? mehr als Heinz, von denen ich gar auch noch Aktien halte.
    Aber dennoch bin ich neugierig geworden und stehen zwei Flaschen mal schon auf dem Einkaufszettel.
    Was hat mich űberhaupt neugierig gemacht?
    Die coole Flasche und die Super coole Marke. ????????
    Fűr’s Erste habt ihr schon mal alles richtig gemacht. ????