Die Ausbreitung des Corona-Virus und die damit verbundenen massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens beeinträchtigen die Gastronomie in Deutschland wie kaum eine andere Branche. Umsatzeinbußen im hohen zweistelligen Prozentbereich, drohende Schließungen und unklare Prognosen, wie es weiter geht, sorgen für große Verunsicherung bei den Unternehmern. Torsten Petersen, Geschäftsführer der Enchilada-Gruppe, berichtet, wie er uns seine Partner mit der Krise umgehen. 

Herr Petersen, wie beeinflusst die Corona-Pandemie die Enchilada-Gruppe?

TP: Corona beschäftigt zurzeit natürlich die gesamte Branche mehr als alles andere. Bei den Betrieben der Enchilada Franchise, also unserer bedienten Gastronomie, ist die Lage tatsächlich so, dass fast alle Standorte von Umsatzrückgängen betroffen sind – manche in der Spitze bis zu 50 Prozent. Besonders leiden vor allem diejenigen Restaurants, die sich in Messestädten befinden, stark von Touristen frequentiert werden oder häufig Firmenevents ausrichten. Allein in unserem Riegele Wirtshaus gab es Stornierungen für 1.200 Personen. Hinzu kommt das fehlende Neugeschäft.

Allerdings schwanken die Zahlen stark: Am Wochenende läuft das Geschäft derzeit eher noch etwas besser, unter der Woche ist die Frequenz in den Läden unterdurchschnittlich. Gleichzeitig verzeichnen wir eine zunehmende Nachfrage nach Delivery. Kompensieren könnten wir die Inhouse-Rückgänge damit jedoch nicht. Hinzu kommen natürlich auch Maßnahmen wie angeordnete Einschränkungen bei den Öffnungszeiten wie beispielsweise aktuell in Bayern. Wir rechnen auf jeden Fall mit weiteren Einschränkungen. 

Foto: Henning Angerer

Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um mit der Situation umzugehen?

TP: Nicht nur angesichts der kompletten Schließung aller Restaurants in Italien, sondern auch wegen unterschiedlicher Berichterstattung in den Medien herrscht einfach überall eine große Verunsicherung und viele Fragen sind offen.

Bei uns stellen sich die Franchisenehmer natürlich folgende Fragen bis hin zum worst case Szenario: Zahlt die Versicherung bei einer Schließung des Betriebes? Wie beantragt man eigentlich Kurzarbeitergeld? Wir haben in der Zentrale ein Krisen-Kompetenzteam gebildet, dessen erste Priorität es ist, unsere Partner mit allen wichtigen Informationen zu unterstützen und für sie als Ansprechpartner da zu sein. Es geht darum, die Botschaft zu senden: ‚Wir sind da – egal, welche Fragen Ihr habt’.

Ein weiterer Schwerpunkt des Kompetenzteams sind logischerweise die Finanzen: Wo gibt es Potenziale, die momentanen Kosten schnell und wirksam zu senken? Ebenfalls ein Thema: Öffentlichkeitsarbeit. Wie gehen wir kommunikativ mit den Dingen, die da auf uns zukommen, um? Denn früher oder später wird auch einer unserer Mitarbeiter unter Corona-Verdacht stehen – das ergibt sich schon alleine aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Zusätzlich geben wir Ratschläge, was aktuell in puncto Marketing einen Sinn ergibt. Was interessiert den Gast in der aktuellen Lage?

Darüber hinaus beschränken wir Reisen auf ein Minimum, um das Virus nicht weiterzuverbreiten. Wir raten außerdem jeden Franchisenehmer, dass er seine Situation vor Ort genau überprüft und in Einklang mit der gesellschaftlichen Aufgabe der Eindämmung bringt. 

Enchilada-Gruppe

Leidenschaft, große Vielfalt und ein Gespür für gastronomische Trends haben die Enchilada Gruppe in den vergangenen Jahren zu einem der größten Gastronomie-Unternehmen Deutschlands werden lassen.

Den Anfang machte 1990 das erste Enchilada Restaurant in München: Mexikanische Lebensfreude, landestypische kulinarische Spezialitäten und nicht zuletzt die frischen Cocktails setzten damals einen Gastronomie-Trend. Aktuell hat die Enchilada Franchise GmbH zehn Franchise-Konzepte und zahlreiche Einzelstandorte unter ihrem Dach, 2019 erlösten 88 Betriebe knapp 120 Mio. € netto. 

Einer der Vorzeige-Betriebe der Enchilada-Gruppe: Das im Herbst 2019 eröffnete Wilma Wunder in Köln. Foto: Enchilada-Gruppe

Ist es in dieser Situation von Vorteil, eine große Gruppe zu sein?

TP: Natürlich profitieren wir in der Zentrale auch vom Input unserer Partner, können deren Erfahrungen sammeln und Tipps gebündelt weitergeben. Denn eines ist klar: Es wird jeden treffen. Die Frage ist: wie lange und wie hart? Ob wir tatsächlich widerstandsfähiger sind als kleine Einzelgastronomen wird sich zeigen – wir sind überzeugt von dem Gedanken der Schwarmintelligenz und dem Zusammenhalt unter starken Partnern.

Werden schon Mitarbeiter in den – unbezahlten? – Urlaub geschickt, um Kosten und Ansteckungsgefahr zu reduzieren?

TP: So weit sind wir noch nicht, allerdings stehen wir in engem Austausch mit Arbeitsrechtlern und dem Arbeitsamt, um auszuloten, was möglich ist. Wir schauen aber schon, zum Beispiel auch in der Zentrale: Wir haben auf Home Office umgestellt, denn wir haben einerseits eine Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern als Arbeitgeber und gegenüber unseren Franchisenehmern als starke Partner. Wir müssen als Zentrale jederzeit handlungsfähig bleiben. Darüber hinaus haben wir in den vergangenen Tagen weitere fast schon selbstverständliche Maßnahmen getroffen: Wir sind ein familiäres Unternehmen, natürlich umarmt man sich da mal zur Begrüßung. Das geht jetzt nicht mehr. Wir haben die Mitarbeiter auch noch einmal für das Thema Hygiene sensibilisiert.

Machen Sie sich auch Gedanken über den Worst Case, dass wie in Italien alle Restaurants geschlossen werden?

TP: Es kann sich niemand leisten, sich nicht mit diesem Szenario zu beschäftigen. Wir hoffen natürlich, dass es nicht so weit kommt. Wichtig ist, dass wir alles unternehmen, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, das hat höchste Priorität.

Was kommt, können wir nicht vorhersagen, wichtig ist einer derartigen Situation auf ‚Sicht zu fahren’ und situationsintelligent zu reagieren. Zu einem professionellen Krisenmanagement gehört es auch, auf die schlimmsten Eventualitäten vorbereitet zu sein und alle Szenarien durchzuspielen.

Funktioniert die Supply Chain noch?

TP: Momentan bekommen wir alles, vielleicht einmal abgesehen, von einzelnen Produkten aus Italien, die sich aber ersetzen lassen. Was aber passiert, wenn morgen keine LKW mehr fahren dürfen? Wir sind im engen Austausch mit unseren Lieferpartnern, sie können jedoch genauso wenig Prognosen abgeben, wo es künftig zu Lieferengpässen kommen könnte. 

Wie beeinflusst die jetzige Lage die Planungen für die nächsten Monate?

 TP: Eigentlich würden wir jetzt unsere Teams für das Terrassengeschäft aufbauen und tatsächlich haben wir viele Bewerbungen auf dem Tisch. Aber wir können jetzt ja niemanden einstellen, für den wir dann in zwei Wochen Kurzarbeitergeld beantragen müssen beziehungsweise wir in wenigen Tagen Restaurants komplett schließen müssen. Andererseits: Wenn es ganz plötzlich doch ein Medikament oder einen Impfstoff gibt und sich alles normalisiert, dann haben wir keine Leute…. Wir spielen alle Szenarien durch, um auf jeden Fall möglichst vorbereitet zu sein.  

Auch im Aposto-Konzept der Enchilada-Gruppe bleiben derzeit wegen Corona viele Plätze frei. Foto: Enchilada-Gruppe

Welche Unterstützung würden Sie sich von der Politik wünschen?

 TP: Das ist eine schwere Frage, da sich die Lage ja jeden Tag ändert. Die Kurzarbeiterregelung ist sicherlich ein wichtiger erster Schritt, der hoffentlich zeitnah und vor allem unbürokratisch greift. Aber ohne weitere Finanzhilfen, egal, in welcher Form, wird es nicht funktionieren, daher ist der angekündigte Rettungsschirm ein positives Signal. Wünschenswert wären außerdem klare, einheitliche Ansagen aus Berlin, die für alle gelten. Das würde auch gegen die herrschende Unsicherheit bei den Verbrauchern helfen, momentan haben wir in vielen Städten unterschiedliche Regelungen. Wir als Gastronomen sind natürlich extrem abhängig davon, dass es den Menschen gut geht – nicht nur finanziell, sondern ebenso emotional!