Mehr als 20 Gastro-Damen gehören inzwischen zum Kern des Frauennetzwerks Foodservice. In Zukunft soll ihre Zahl deutlich wachsen. Alle Fotos: Thomas Fedra

Wenn 200 Frauen zum Speed-Dating antreten, dann kann es schon mal laut werden. Das wissen die Teilnehmerinnen des jüngst zum 6. Mal veranstalteten Frauenforums des Frauennetzwerks Foodservice: Drei Minuten Zeit, das Gegenüber kennen zu lernen – nicht nur bei der privaten Partnersuche eine Herausforderung! Aber auch eine tolle Chance, das (berufliche) Netzwerk zu vergrößern und im Anschluss zu vertiefen. Und so zählte das Speed Dating auch in diesem Jahr wieder zu den Höhepunkten des Power-Tags für Frauen aus der Foodservice-Branche. Es erweiterte das Motto ‚Denken. Diskutieren. Handeln‘ um die wichtige Komponente Kontakte knüpfen – für Frauen mit Ambitionen wichtiger denn je.

Annette Mützel

Diana Kinnert

Andrea Och

Alte Hasen und neue Kolleginnen – mit mehr als 200 Teilnehmerinnen verbuchte das Frauenforum Foodservice in diesem Jahr einen Rekord (und muss im nächsten Jahr deshalb vom Westhafenpier in Frankfurt am Main in eine größere Location umziehen). Der enorme Zuspruch – für die Veranstalterinnen der Beweis, dass das Bedürfnis weiblicher Führungs- und Nachwuchskräfte an Miteinander und Vernetzung größer ist denn je. „Wir brauchen mehr Frauenpower in Top-Positionen“, unterstrich Annette Mützel, Vorsitzende des Frauennetzwerks, die diese Rolle am Abend nach fast zehn Jahren an der Spitze auf Gunilla Hirschberger übertrug. 

Gefühle ins Zentrum

„Die Problemthemen der Branche liegen auf dem Tisch“, erklärte Mützel. „Gemeinsam können wir hier mehr bewegen.“ Der Beweis, dass Frauen gut sind, vor allem, was das ganzheitliche Denken und arbeiten betrifft, sei längst erbracht. „Jetzt geht es um mehr gelebte Solidarität unter Frauen“, hob Mützel hervor und zitierte den Autor Tim Lebrecht: „Wir müssen Gefühle wieder ins Zentrum der Gesellschaft stellen.“ Diesbezüglich seien Frauen den Männern häufig sogar überlegen. 

Ja, es kann schon einmal lauter werden, wenn 200 Frauen beim Speed Dating gleichzeitig miteinander kommunizieren. Aber genau das ist beim Frauenforum Foodservice gewollt!

Dass Frauen jedoch beileibe nicht immer nur ihren Gefühlen folgen, sondern auch sehr strategisch vorgehen können, demonstrierten anschließend Rednerinnen wie die CDU-Politikerin Diana Kinnert, Carolin Hulshoff Pol von der Bild-Gruppe und Consulterin Andrea Och. Kinnert beispielsweise verblüffte das Publikum mit ihrem Bericht, wie schwer es eine – trotz Kanzlerin und Vorsitzender! – immer noch männerdominierte Partei wie die CDU jungen Frauen macht, sich politisch zu engagieren und wie viel Hartnäckigkeit es braucht, um sich an Stammtischen und in Arbeitskreisen Gehör zu verschaffen. Die 28-Jährige mit familiären Wurzeln auf den Philippinen und in Schlesien hielt dennoch durch, erkämpfte sich ihren Platz in der Berliner Schaltzentrale der Macht und ist überzeugt: „Repräsentanz funktioniert nur, wenn man Diversität auch abbildet.“ 

Verantwortung annehmen und aushalten

Carolin Hulshoff Pol trägt im Springer Verlag als Chefin der Bild-Gruppe ganz ähnliche Kämpfe aus. „Wir haben eine starke Diskussionskultur, in der auch mal verletzt wird. Ich rufe dann bei dem entsprechenden Kollegen an und spreche diese Verletzung aus. Beim nächsten Mal hat er so viel Angst vor einem erneuten Anruf, dass er sich zusammen reißt.“ Als Frau in einer Führungsposition gelte es, Verantwortung anzunehmen und auszuhalten. „Es ist auch in Ordnung, Angst zu haben, denn wer keine hat, wird unvorsichtig. Aber es ist wichtig, die Angst nicht gewinnen zu lassen“, riet sie den Zuhörerinnen. 

Gretel Weiß, Herausgeberin der gastronomischen Fachzeitschrift foodservice, brachte ihr geballtes Branchenwissen zu Gehör. Trendprodukte, Zukunftsperspektiven und Erfolgsrezepte standen im Fokus ihres zahlengespickten Vortrags über Chancen und Challenges der Profigastronomie 2019+. 

Gefühle sind ein Frauenthema, da waren sich die Rednerinnen einig und so wurde es emotional, als sich mit Marlies Head, Urgestein der Hamburger Gastronomie und Hotellerie, und Nikki Lukas, Startup-Gründerin in Düsseldorf (GREENKARMA), eine erfahrene Gastgeberin und eine junge Quereinsteigerin auf der Bühne trafen. Mit Menschen zu arbeiten, sie zusammenzubringen und für Glücksmomente sorgen, das steht für beide Unternehmerinnen im Mittelpunkt ihres Tuns.

Kritik bringt weiter

Wie wichtig es außerdem ist, auch gegen Widerstände zur eigenen Persönlichkeit samt Stärken und Schwächen zu stehen, demonstrierte die Schweizer Promi-Köchin Meta Hiltebrand in ihrer packenden Rede. „Nicht Zuspruch, sondern Kritik bringt uns weiter! Meine beste Freundin, die mich immer nur lobt, ist im Grunde mein größter Feind!“ Sie habe bei Rückschlägen früher immer heimlich geweint, bekannte Hiltebrand. „Heute heule ich vor den Jungs, das können die nämlich nicht und deshalb macht es mich einzigartig!“

60 Jahre Erfahrung treffen auf Gründerdynamik. Marlies Head und Nikki Lukas tauschten auf der Bühne Ratschläge und Erkenntnisse aus. 

Es gehe nicht darum, immer alles zu können, appellierte die Köchin und Unternehmerin an die versammelten Gastro-Frauen. „Sondern vielmehr darum, die Kompetenzen von Männern und Frauen zu bündeln. Konkurrenz der Geschlechter ist nicht mehr zeitgemäß. Wir brauchen uns gegenseitig!“ Frauen müssten nicht nur untereinander, sondern auch mehr mit den Männern kommunizieren: „Erzählt ihnen, dass wir anders sind. Das hilft ihnen!“

Was ist für die Zielgruppe relevant?

Bei der Selbstvermarktung und Positionierung der eigenen Person sei es wichtig, „merk-würdig“ zu sein, empfahl auch Marketing-Expertin Andrea Och. „Seien Sie anders, aber immer authentisch!“ Jede Frau habe (mindestens) drei Dinge, die sie einzigartig machten. Wie beim Produktmarketing laute die entscheidende Frage: „Was ist für meine Zielgruppe wertvoll und relevant?“ Diese Eigenschaften gelte es, herauszustellen.

Wie tief in der Gesellschaft verwurzelt den Geschlechtern zugeschriebene Codes nach wie vor sind, erklärte schließlich Dr. Helene Karmasin. Frauen werden nach wie vor Eigenschaften wie Lieblichkeit und Kindlichkeit und Farben wie Pastelltöne attestiert. Der männliche Code sei dagegen immer der dominante. „Gerade in der Kosmetik und Kulinarik besitzen die Produkte und ihre Verpackungen Codierungen, die es erst zu entschlüsseln gilt, bevor man von ihnen abweichen kann“, erläuterte die Expertin.

Easy zu toppen

„Wie sollen wir dieses Programm im nächsten Jahr nur toppen?“, fragte die scheidende Vorsitzende des Netzwerks Annette Mützel am Ende eines an Inspiration und Motivation reichen Tages mit einem Augenzwinkern. Und gab gleich selbst die Antwort: „Das wird leicht, denn es gibt so viele tolle Frauen und Rednerinnen, die wir einladen können.“

Diese Aufgabe obliegt dann der neuen Vorsitzenden Gunilla Hirschberger, die das Frauennetzwerk in Zukunft auch öffnen und erweitern möchte. „Wir wollen diesen Spirit stärken und weiterentwickeln, neue Kolleginnen begeistern, bis wir irgendwann eine Arena mit klugen Frauen füllen!“

Wir alle reagieren auf gesellschaftliche Geschlechter-Codes, so Dr. Helene Karmesin. Bleibt die Frage, ob frau sie überwinden oder lieber zur Vermarktung der eigenen Produkte nutzen sollte?

Das Netzwerk wird deshalb vermehrt Regionaltreffen anbieten, bei denen Interessentinnen aus der Branche Kontakt aufnehmen und sich über die Aktivitäten informieren können. Der Termin für das nächste Frauenforum steht derweil auch schon fest: Am 7. Mai 2020 wird das Maritim-Hotel in Frankfurt Platz für noch mehr Teilnehmerinnen bieten.

Die Gefühle tanzen lassen: Kirsten Hummerich, Erfinderin des ‚Doachings‘ – Coaching durch Tanzen – brachte den Saal in Bewegung.