Übernächste Woche öffnet in Berlin-Mariendorf im ehemaligen Stone Brewing World Bistro & Gardens das DogTap Berlin. Aufgeregt?

James Watt: Ja, wir können die Wiederöffnung kaum erwarten. Wir lieben, was Stone Brewing an diesem Standort geschaffen hat. Schade, dass es für sie dort nicht geklappt hat. Aber wir glauben fest daran, dass es der perfekte Ort und eine tolle Gelegenheit für BrewDog ist, unsere Biere und unsere Philosophie von hier aus nach Deutschland und in andere Teile Europas zu bringen. Die offizielle Eröffnung wird am 8. September sein. Wir erwarten über 2.000 Gäste.

Wie kam es zum dauerhaften Tap Takeover im ehemaligen Gaswerk? Ist Stone zu euch gekommen und wollte verkaufen oder habt ihr den Vorschlag gemacht?

James Watt: Stone nahm Kontakt mit uns auf und wir haben die Möglichkeit eines Kaufs ausführlich diskutiert. Nachdem wir die Location gesehen hatten, waren wir begeistert von der Idee, einen BrewDog-Standort daraus zu machen. Jetzt können wir endlich auch auf dem europäischen Festland Bier brauen. Denn je mehr Bier wir in der Nähe unserer Kunden herstellen, desto besser ist es für die Qualität und die Umwelt. Momentan verkaufen wir auch viel Bier in Österreich und der Schweiz, diese Länder werden wir in Zukunft auch von Berlin aus beliefern.

BrewDog

BrewDog wurde 2007 gegründet, als zwei Männer und ein Hund zu einer Mission aufbrachen, die Craft Bier-Welt zu revolutionieren. Ermüdet von der uninspirierenden Bier-Szene in Großbritannien, begannen die beiden Gründer, Martin Dickie und James Watt, als Homebrewer ihr eigenes Bier zu brauen – und ihre Freunde genauso von Craft-Bier zu begeistern, wie sie es selbst sind.

Heute ist BrewDog Marktführer in Sachen Craft Bier und eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen in Großbritannien. BrewDog’s Punk IPA ist das Nummer 1 Craft Bier in Großbritannien.

2010 fand die erste Investitionsrunde der Crowdfunding-Aktion Equity for Punks statt. Eine Initiative, bei der in fünf Runden inzwischen über 67 Millionen Pfund gesammelt wurden – mehr als je in einer Online Crowdfunding Kampagne zuvor. Eine Armee von über 100.000 Equity for Punk-Shareholdern ermöglicht es BrewDog zu wachsen, ohne sich oder seine Ideale ausverkaufen zu müssen.

BrewDog exportiert inzwischen Biere in über 60 Länder und betreibt rund 90 Bars weltweit sowie Brauereien in Ellon (Schottland), Columbus, Ohio (USA), in Berlin und bald auch in Brisbane (Australien). Für 2020 ist der Bau einer Brauerei in China geplant.

Welche Rolle hat der Brexit bei der Entscheidung gespielt?

James Watt: Die durch den Brexit hervorgerufene Unsicherheit war definitiv ein Faktor für den Kauf, aber nicht der entscheidende. Europa ist sehr wichtig für uns, mit Frankreich als größtem Markt, auch in Italien und Spanien sind wir stark. Angesichts möglicher Handelsbarrieren zwischen Schottland und dem europäischen Festland durch den Brexit ist es gut, dass wir jetzt eine Alternative haben. Noch immer weiß niemand, was genau passieren wird, aber wir haben eine Lösung für das Worst Case Szenario.  

Stone war mit der Location bekanntlich trotz großer Erwartungen nicht wirklich glücklich. Was macht BrewDog besser?

James Watt: Stone Brewing und BrewDog sind sehr unterschiedliche Unternehmen. Also werden wir die Dinge auch anders angehen. In Mariendorf setzen wir einen Schwerpunkt auf den Aufbau einer Gemeinschaft lokaler Brauer und Bier-Fans. Unter anderem werden wir Nachwuchsbrauern helfen, ihr Geschäft zu skalieren, Braukurse anbieten und wir integrieren einen Co-Working-Space. Es wird eine Mini-Golf-Anlage und Shuffle-Bord-Tische geben, ebenso wie einen Hundeauslauf. Insgesamt ein zugänglicher und interaktiver Ort für eine lebendige Community.

Was habt ihr im Inneren des Gebäudes verändert? Es gibt ein großes Graffito an der Wand?

James Watt: Wir haben sehr vieles modifiziert, ja. Unter anderem hat unser BrewDog Graffiti-Künstler, Craig Fisher, ein Kunstwerk an der Wand über dem Haupteingang geschaffen – es sieht fantastisch aus. Wir haben auch den Standort der Bar verändert und ein Biermuseum installiert, in dem die Leute alles über die Geschichte des Biers und die verschiedenen Stile lernen können.

Fehlt nur noch ein Hotel, wie in Columbus, Ohio, wo BrewDog das weltweit erste Craft-Bier-Hotel betreibt?

James Watt: Wir sind tatsächlich in Gesprächen darüber und würden das wirklich gerne machen! Aber noch ist nichts spruchreif.

Das würde das Problem lösen, dass es nach wie vor recht umständlich ist, nach Mariendorf und wieder weg zu kommen.

James Watt: Ja, das stimmt leider. Aber genau deshalb ist es so wichtig, dass DogTap Berlin zu einer einzigartigen Bier-Destination wird, die den Menschen genügend Gründe gibt, den langen Weg auf sich nehmen.

Was charakterisiert die deutsche Craft-Bier-Szene im Vergleich zu der in anderen Ländern?

James Watt: Weltweit ist die Craft-Bier-Community mit ihrem Sinn für Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe sehr wichtig für uns. Als Unternehmen sehen wir es als unsere Aufgabe an, die Menschen für unsere Biere zu begeistern. Aber eben nicht nur für unsere Biere, sondern auch Biere anderer Brauer, die wir lieben. Wir haben inzwischen 90 BrewDog-Bars auf der ganzen Welt. Einen großen Anteil des Bieres, das wir dort verkaufen, stellen wir nicht selbst her. Wir bieten immer auch lokalen Brauen eine Bühne.

Die Craft-Bier-Szene in Berlin und Deutschland ist zwar noch recht klein, aber durchaus stark. Es geht hier langsamer voran als in anderen Ländern, weil die großen Massenbiere recht gut sind. Wären sie schlecht, hätte Craft-Bier es leichter.

Ist die Community euch gegenüber skeptisch, weil ein neuer Big Player in den Markt drängt?

James Watt: Klar, Skeptiker gibt es immer. Aber wir sind davon überzeugt, dass wir mithelfen können, die gesamte Kategorie größer zu machen. Davon profitieren dann alle, auch die kleineren Brauer. So halten wir es an allen unseren Standorten.

Wir rechnen bei BrewDog in Hundejahren … Wir schaffen gerne in einem Jahr das, wofür andere Unternehmen sieben Jahre brauchen

James Watt

Gründer, BrewDog

Im Vergleich zu Großbritannien, wo man überall auf die Marke trifft, ist BrewDog in Deutschland noch recht unbekannt. Wie wollt ihr das ändern?

James Watt: Wir starten tatsächlich fast bei null in Deutschland. Um eine Verbindung zu den Menschen herzustellen, beziehen wir sie demnächst mit ein, wenn es um die Frage geht, welche Biere in Zukunft in Berlin gebraut werden. Wir stellen den Bierfreunden gerade vier Sorten vor, sie dürfen entscheiden, welches wir dauerhaft ins Programm aufnehmen. Und nicht nur das: Sie können auch über den Namen dieses Biers entscheiden. Und – davon haben wir noch niemandem erzählt – beim offiziellen Opening des DogTap Berlin am 8. Septemberwerden wir erstmals ein Bier ins Weltall schicken.

Eine Distination für Bier-Liebhaber. Im DogTap Berlin finden Gerstensaft-Fans viel Entertainment und Gemeinschaft rund um ihr Lieblingsgetränk.

Das dürfte für einen ordentlichen Bekanntheitschub sorgen! Und auch für neue Investoren bei ‚Equity for Punks‘, der Crowdfunding-Community von BrewDog?

James Watt: Bestimmt. BrewDog gehört ja anteilig den mehr als 100.000 Kleininvestoren, die als Belohnung für ihr finanzielles Engagement lebenslang Rabatte aufs Bier und andere Vorteile erhalten. Aktuell stammen 2.500 davon aus Deutschland. Da sehen wir noch viel Potenzial, das wir weiter ausbauen wollen. Für uns ist Crowdfunding ein neues Geschäftsmodell im 21. Jahrhundert, mit dem wir das Unternehmen und unsere treuesten Kunden näher zusammenbringen.

In Deutschland gibt es Stimmen, die sagen, der Craft-Bier-Hype sei schon wieder vorbei …

James Watt: Das kann ich kaum glauben.Im UK wächst die Kategorie in diesem Jahr um 25 Prozent. Unsere Herausforderung hier in Deutschland ist tatsächlich, dass die Mainstream-Biere so gut und deutlich günstiger sind als anderswo. Wer gute Qualität zu günstigen Preisen bekommt, ist natürlich schwerer von Craft-Bier mit seinen höheren Preisen zu überzeugen. Deshalb lautet unsere Aufgabe hier ganz besonders, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten, um auch bei den preissensiblen Konsumenten zu punkten. 

In rund 90 BrewDog Bars, unter anderem in Berlin und Hamburg, schenkt die schottische Brauerei ihre eigenen Biere und die lokaler sowie internationaler Craft-Brauer aus. Alle Fotos: BrewDog

Vor ein paar Wochen hat die zweite deutsche BrewDog-Bar in Hamburg eröffnet. Wie soll die Expansion in den nächsten Jahren vorangehen?

James Watt: Konkrete Pläne gibt es noch nicht, aber da ich sechs Monate in Dortmund gelebt und mich dort sehr wohlgefühlt habe, würde ich gerne die nächste Bar im Ruhrgebiet eröffnen. Aber jetzt konzentrieren wir uns erstmal auf Berlin.

Wie viele Bars könnte es beispielsweise in fünf Jahren in Deutschland geben? 

James Watt: Fünf Jahre sind eine lange Zeit für uns, wir rechnen lieber in Hundejahren … Wir schaffen gerne in einem Jahr das, wofür andere Unternehmen sieben Jahre brauchen. Ende 2020 wollen wir sechs oder sieben Bars in Deutschland haben. 

Welche anderen Distributionskanäle außer den eigenen Bars nutzt ihr?

James Watt: Alle verfügbaren: Gastronomie natürlich, unseren eigenen Webshopund den Handel. Auch hier gibt es noch viel Raum für Wachstum.

In einem mehrwöchigen Umbau wurde das ehemaligen Gaswerk in Berlin-Mariendorf zum Dog Tap Berlin. 

Welche Stärken haben BrewDog zum erfolgreichsten Craft-Brauer Europas gemacht?

James Watt: Zu unserer Strategie gehört es, die Dinge einfach zu halten und uns zu fokussieren: auf das Bier, seinen Geschmack. Wir investieren wirklich viel in modernste Technologien, um die höchste Qualität unserer Produkte zu garantieren. Und wir stellen nur Leute ein, die absolut verrückt nach Bier sind. Gleichzeitig möchten wir das beste Unternehmen sein, für das man arbeiten kann. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Art, wie wir mit unseren großartigen Mitarbeitern umgehen, langfristig das Schicksal von BrewDog entscheidet. 

Deshalb teilen wir 10 Prozent unserer Profite gleichmäßig unter allen Team-Mitgliedern auf. Wir bieten unseren Mitarbeitern außerdem interne Weiterbildungsmöglichkeiten und lassen sie entscheiden, welcher Wohltätigkeitsorganisation wir spenden. Wir möchten eine neue Art Unternehmen aufbauen – eines, das etwas zurückgibt und sich verantwortungsvoll verhält. Der dritte Erfolgsfaktor ist wohl, dass wir bereit sind, Risiken einzugehen und auch mal zu zocken.