Wie sieht die lebenswerte Stadt der Zukunft aus? Welche Rolle spielen darin Wohnen, Mobilität und auch Gastronomie? Diese Fragen wurden zwei Tage lang auf dem Urban Future Festival S-O-U-P in Frankfurt mit namhaften internationalen Referenten und interessierten Teilnehmern aus der Stadtbevölkerung diskutiert. Teil des Festivals war auch „the Byte_“ – nach Angaben der Veranstalter erstes KI-basiertes Pop-up-Restaurant in Deutschland. An drei Abenden luden die Gastronomen James und David Ardinast in ihr Event-Restaurant Stanley, wo sie den Gästen für 59 Euro (exklusive Getränke) ein Fünf-Gänge-Menü servierten, das komplett die künstliche Intelligenz ChatGPT entwickelt hat. Wir waren dabei: 

Der Ort für Deutschlands erstes KI-basiertes Pop-up-Restaurant, als welches the byte_ proklamiert wurde, könnte nicht besser gewählt sein, um die Frage nach der Zukunft der Stadt mit innovativer Kulinarik zu beantworten: Das Stanley liegt am Rande des Frankfurter Bahnhofsviertels. Hier, im Herzen der Stadt, führten Rotlicht-Millieu und Drogenszene in den vergangenen zwanzig Jahren eine erstaunlich friedliche Ko-Existenz mit den spannendsten Gastronomie- und Hotel-Konzepten der Stadt. „Das änderte sich vor einigen Jahren“, bedauert Gastronom James Ardinast, für den das Viertel nicht nur unternehmerische Heimat ist. „Die Machtverhältnisse haben sich geändert, ein entstandenes Vakuum wurde von Kräften gefüllt, die die Stadt nicht kontrollieren kann. Das Viertel ist aus der Balance.“ Seitdem ist der Wind dort deutlich rauer geworden, auch für die Gastronomie, weshalb die Ardinast-Brüder im vergangenen Herbst unter dem Eindruck der Corona-Pandemie und Fachkräftemangel beschlossen, aus ihrem Stanley-Restaurant eine Location für individuelle Events zu machen. 

Künstliche Intelligenz

Eine KI namens Ambrosia

Heute heißt die Gastgeberin Ambrosia. Mit gefälliger Stimme begrüßt sie die Gäste und erklärt die Idee des Abends: Alle fünf Gänge, dazu drei Cocktails, die live generierte Musik und einige Bilder an den Wänden wurden von der Künstlichen Intelligenz ChatGPT entworfen. „Wir waren überrascht, wie unfassbar kreativ ChatGPT ist, berichtet der Frankfurter KI-Unternehmer Sebastian Heinz. 

Künstliche Intelligenz

Seine Firma statworxs hat die Ardinasts und Mit-Veranstalter Jonathan Speier dabei unterstützt, die Idee des durch Künstliche Intelligenz gesteuerten Restaurants in die analoge Wirklichkeit zu übertragen. „Was wir heute servieren, ist nur ein kleiner Auszug aus dem riesigen Spektrum von Möglichkeiten. „KI wird in den nächsten Jahren jeden Bereich unseres Lebens beeinflussen – beruflich, gesellschaftlich, zwischenmenschlich. ‚the byte_‘ ist ein progressiver Vorstoß, KI für jeden erlebbar zu machen.” Zur Umsetzung des Projekts wurden verschiedene künstliche Intelligenz-Technologien wie ChatGPT, GPT-4, DALL-E 2 und Midjourney verwendet.

Aufgabe für die KI war, ein Menü zu kreieren, das traditionelle Frankfurter Gerichte mit den vielfältigen internationalen Einflüssen kombiniert, die die Stadt mit ihren Einwohnern aus mehr als 160 Ländern prägen. Herausgekommen ist ein mal vorhersehbarer, mal gewagter, mal irritierender Mix aus lokalen Klassikern wie Grüner Soße und Handkäs, nicht wirklich typisch frankfurterischen Gerichten wie Currywurst – hier stieß Ambrosia beim Durchsuchen des Internets offenbar auf die Kultimbissmarke Best Worscht in Town – 0der Spargelcremesuppe bis hin zum internationalen Cheesecake, der per Apfelweingelee und Apfelschaum kurzerhand „hessifiziert“ wurde. Auch beim Begrüßungsdrink muss der Apfel herhalten: Der Frankfurt Sour besteht aus Calvados – das beliebte Mixgetränk Mispelche lässt grüßen – , Zitronensaft, Zuckersirup und einem Spritzer Rotwein. Nunja.

Künstliche Intelligenz entlastet die Köche

All das ist durchaus ess- und trinkbar, doch man wird das Gefühl nicht los, dass die Köche, die Ambrosias Rezepte 1:1 umgesetzt haben, mit menschlicher Inspiration, Kreativität und Raffinesse aus derselben Aufgabe etwas Aufregenderes gezaubert hätten. Allerdings hätten sie für die Rezepturentwicklung wohl deutlich länger gebraucht als ChatGPT, sodass der Einsatz der KI durchaus sinnvoll sein kann, wenn es darum geht, das rare Küchenpersonal zu entlasten. Insofern lieferte the byte_ sehr wohl einen Blick in die Zukunft der Gastronomie – bei der der Mensch aber bitte nicht außen vor bleiben sollte.

Künstliche Intelligenz

„Nach dem Klimawandel und in Frankfurt vielleicht noch der autofreien Innenstadt ist die Digitalisierung das Thema, das uns als Gesellschaft am meisten beschäftigt“, erklärt James Ardinast. „ChatGPT erreicht die breite Masse, alle reden über künstliche Intelligenz, deshalb wollen auch wir uns damit auseinandersetzen. Dabei stehen für uns nicht die Probleme, sondern die Chancen im Fokus.“ Mit the byte_ wolle man zeigen, wie Künstliche Intelligenz tatsächlich dafür genutzt werden kann, das Leben der Menschen einfacher zu machen. „Wir sind begeistert, dass wir mit ‚the byte_‘ ein neues, zukunftsorientiertes Kapitel in der Geschichte der Frankfurter Küche aufschlagen können“, kommentiert Ardinast. Das dort Gelernte soll in den kommenden Monaten bewertet werden und in weitere Ideen einfließen. 

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grüne Soße
Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz
Soup
Soup Frankfurt
SOUP Frankfurt
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S-O-U-P-Festival 2023

Vom 11. bis 13. Mai wurden in Frankfurt bei S-O-U-P, einem der größten nationalen Festivals für urbane Zukunftsthemen, zum zweiten Mal Lösungen für die nachhaltige und lebenswerte Stadtentwicklung gesucht. In dem offenen Format fanden Menschen verschiedenster Communitys demokratisch zusammen, bildeten sich weiter, dachten das Stadtleben neu, um es mitzugestalten und zu zelebrieren.

Das Urban Future Festival S-O-U-P will Plattform sein für interdisziplinären Austausch, Information und Networking. Unter dem Motto Connecting Urban Minds kamen an drei Tagen rund 1.500 Teilnehmer und rund 50 internationale und lokale Speaker zusammen. In vielfältigen Podiumsdiskussionen, Vorträgen und Workshops trafen Stadtbewohner auf Spezialistinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur. Szenerepräsentantinnen, Kiezgesichter, Ehrenamtliche erörterten Zeitfragen mit Investoren und Entscheiderinnen.

Offene und barrierefreie Diskurse

„Stadt wird nicht in Fachmagazinen, Elfenbeintürmen oder Chefetagen gemacht. Wenn die Viertel und Innenstädte von morgen lebenswert funktionieren sollen, brauchen wir offene, barrierefreie, demokratische Diskurse. Denn da wird geklärt, was in Zukunft nötig ist und tragfähig sein kann“, begründet Kurator Jonathan Speier das Konzept von S-O-U-P.

Die Diskussions- und Themenveranstaltungen des Festivals waren eingebettet in ein kulturelles, musikalisches, kulinarisches und hedonistisches Rahmenprogramm vom Eröffnungsanlass bis hin zur Abschlussparty. „Es war großartig zu erleben, wie wir an S-O-U-P 2021 anknüpfen und noch besser werden konnten, auch dank unseres Teams. Wir haben größere Zukunftspläne mit S-O-U-P. Wir wollen weiterhin im demokratischen Diskurs Visionen für die Stadt Frankfurt entwickeln, von denen möglichst viele Menschen profitieren können. Und manchmal kann Gutes auch so einfach sein: wie verbindend ein Basketballkorb ist und wie viel Freude eine Skate-Rampe so vielen Menschen an der Hauptwache macht, haben wir eindrucksvoll gesehen“, resümiert Mit-Veranstalter Nico Ubenauf.

Herausforderungen gemeinsam in den Griff bekommen

Und James Ardinast fügt hinzu: „Bei S-O-U-P geht es uns um Synergien. Wir wollen konstruktive und optimistische Lösungsansätze für verschiedene relevante Themen der Stadt entwickeln und aus den unterschiedlichen Perspektiven voneinander lernen und uns gegenseitig inspirieren und vernetzen. Wir sind davon überzeugt, dass wir uns auf die diversen Herausforderungen in Städten und Metropolregionen besser in der Gemeinschaft, interdisziplinär und intergenerationell, in den Griff bekommen. Mir persönlich liegt zum Beispiel die Entwicklung des Bahnhofsviertels in Frankfurt besonders am Herzen, wofür wir in unserem Workshop wertvolle Impulse gesammelt haben.“