Das Startup SO‘USE organisiert das digitale Bestellen und Bezahlen mit dem Smartphone durch den Gast, direkt vom Tisch aus. Anders als bei anderen Anbietern zahlen die Gastronomen dafür keine Provision pro Bestellung, sondern einen monatlichen Festbetrag. Die Gründer werben außerdem damit, dass ihr System zusätzliche Erlöse für die gastronomischen Partner bietet. Selbst verdienen sie Geld mit Marketing-Kampagnen für die Getränkeindustrie. Mitgründer Ben Kamran Wollscheid erklärt, warum SO‘USE anders ist als andere Bestell- und Bezahl-Apps. 

Herr Wollscheid, was ist die Idee hinter SO‘USE und wie funktioniert es?

Ben Wollscheid: Indem wir das digitale Bestellen und Bezahlen in der Gastronomie möglichst einfach machen, wollen wir die Hemmschwelle für die Gäste senken und für die Gastronomen das große Thema Personalmangel etwas abmildern. Mit SO‘USE müssen die Gäste mit ihrem Handy einen QR-Code von einem Aufsteller auf dem Tisch abscannen und gelangen so in den Online-Shop des Restaurants oder der Bar, wo sie bestellen können. Ihre Order erscheint auf einem Tablet beziehungsweise über einen Bondrucker in der Küche, wird zubereitet und an den Tisch gebracht. Bezahlt wird über Bezahldienste wie Paypal oder Stripe. Das heißt: kein Warten mehr, kein Wechselgeld, dafür mehr Bestellungen. 

SO'USE

Die Gründer von SO’USE Thomas Niermann, Benedikt Pilz, Ben Wollscheid und Joachim Müller (v.l.) wollen das Gästeerlebnis verbessern und gleichzeitig der F&B-Industrie neue Marketingkanäle erschließen. 

In den meisten unserer rund 100 Partnerbetrieben in mehr als 30 Städten gibt es aber weiterhin die Möglichkeit, beim Personal zu bestellen und zu bezahlen. SO‘USE wird am besten in großen Läden mit langen Laufwegen und komplexen Prozessen angenommen, wo es ein hochwertiges Getränkeprogramm gibt. Gastronom, Mitarbeiter und Gäste sollten generell an der Digitalisierung von Prozessen interessiert sein. Aktuell sind wir überwiegend bei größeren Individualgastronomen, Bars, Pubs, Biergärten präsent, verteilt auf ganz Deutschland. Auch erste kleinere Ketten finden sich im Portfolio. Wir fokussieren uns ganz bewusst nicht auf eine Region, sondern denken dezentral. 

Was kostet SO‘USE die Gastronomen?

Ben Wollscheid: Wir glauben, dass sich das digitale Bestellen nur durchsetzt, wenn das Team dahinter steht und der Gastronom nicht bei jeder Bestellung denkt: Ich verliere wegen der Provision gerade Marge. Deshalb berechnen wir lediglich eine monatliche Gebühr von 50 Euro, mit der der Gastronom kalkulieren kann – risikoarm und ohne langfristige Verpflichtungen. 

SO'USE

Wenn die Gastronomen nur wenig bezahlen, wie verdienen Sie dann Geld? 

Ben Wollscheid: Wir denken Self-Ordering als Marketingkanal für die Getränkeindustrie. Nahezu alle werbeintensiven Marken nutzen die Gastronomie, um ihre Brands aufzubauen, für Awareness und Brand Value zu sorgen. Die Gastro ist werbe- und marketingtechnisch sehr wichtig für die Hersteller, wird aber momentan ausschließlich mit analogen Mitteln wie Bieruntersetzern, Gläsern, Feuerzeugen oder Aschenbechern bespielt. Das ist alles teuer, logistisch aufwändig, aber nicht nachhaltig und der Erfolg ist kaum messbar. Wir sind mit SO‘USE direkt auf dem Smartphone des Konsumenten, der gerade bestellen möchte – perfekt für die Getränkeindustrie, die sich ihm präsentieren möchte. Die Marken bezahlen also für die Platzierung ihrer Logos auf der Getränkekarte und pushen so ihre Verkäufe – je nach Konzept um zwischen 7 und 43 Prozent! 

Das läuft aus Gästesicht sehr unterschwellig ab, da die Marke als selbstverständlicher Teil der Speisekarte wahrgenommen wird. Bei Interesse können die Gäste mit einem Klick mehr über das jeweilige Produkt erfahren. Möglich sind auch reguläre Anzeigenschaltungen im Shop, aber die Ergebnisse als Teil des digitalen Menüs sind viel besser. 

Digitales bestellen

Wie erfassen Sie, welche Getränkemarken in einem Betrieb verkauft werden und wo welche Kampagne stattfindet?

Ben Wollscheid: Das gleichen wir relativ unkompliziert mit dem jeweiligen Betrieb ab und prüfen auch, welche Marken eventuell nicht beworben werden dürfen. Dann erstellen wir auf unserer Content Management-Oberfläche einen Brandcluster, der uns anzeigt, wo eine Marke überall präsent ist. Auf dieser Basis schlagen wir den Herstellern die entsprechenden Kampagnen in allen entsprechenden Outlets vor. Aber natürlich ergibt es keinen Sinn, in einem Café Schwarzbier zu promoten.

Digital Ordering

Was könnte man denn in einem Café promoten? 

Ben Wollscheid: Tatsächlich funktioniert unser Konzept auch mit starken und bekannten Kaffeemarken, denn das Grundwissen der Gäste ist vorhanden. Aber unser Schwerpunkt liegt bei den Brauereien und Spirituosenherstellern.

Wäre das Ganze mit Food auch denkbar?

Ben Wollscheid: Food ist schwieriger, denn viele Foodmarken, die in der Gastronomie zum Einsatz kommen, sind bei den Gästen gar nicht präsent. Viele Hersteller haben auch keinen Werbeetat für Endkundenwerbung. Allerdings läuft gerade ein Pilotversuch mit Transgourmet, bei dem wir herausfinden wollen, wie sich das Thema beim Food vorantreiben lässt. Bisher gibt es aber keine signifikanten Ergebnisse. 

Digitales Bestellen

Können die Gastronomen die beworbenen Produkte auch preislich etwas höher einstufen?

Ben Wollscheid: Das bleibt ihnen überlassen. Manche Getränkehersteller pushen ihre Kampagnen allerdings mit Gratislieferungen, dann legen Gastronom und Produzent die Preise in gemeinsamer Absprache fest. 

 SO‘USE wirbt damit, dass Gastronomen durch die Zusammenarbeit zusätzliche Einkünfte erzielen können? 

Ben Wollscheid: Ja, damit ist gemeint, dass wir jetzt nach und nach auf ein Level kommen, auf dem wir die Gastronomen an den Werbeerlösen beteiligen können. Noch machen wir das allerdings nicht im großen Stil, weil wir erst Erfahrungen sammeln wollen. 

Wie weit ist Deutschland generell in Sachen Self Ordering? 

Ben Wollscheid: Der Markt öffnet sich immer stärker, ist aber immer noch weitestgehend unerschlossen. Obwohl es immer mehr Marktteilnehmer gibt, ist noch viel Platz für alle. Wer sich langfristig etablieren will, sollte unbedingt die komplexen Abläufe in der Gastronomie berücksichtigen, sonst geht das Vertrauen der Gastronomen und Gäste in solche Systeme verloren. 

Wichtigstes Thema aus Gastronomensicht ist die Kassenintegration. Unser Shop gilt zwar als e-Commerce, wodurch eine zweite Buchhaltung möglich ist. Aber Gastronomen möchten eine konsolidierte Buchhaltung, eine konsolidierte Warenwirtschaft und möglichst wenig Umstellung für sich und ihr Team. Deshalb braucht man eine Kassenschnittstelle. Wir rollen Ende des Jahres die ersten Schnittstellen aus und können dann schnell skalieren. 

Digitales Ordering

Wie viele Gäste nutzen denn SO‘USE, wenn sie alternativ auch beim Personal bestellen können? Die Industrie möchte doch sicher 100 Prozent Digital Ordering?

Ben Wollscheid: Tatsächlich sind sie schon froh, wenn sie über uns einen Teil der Gäste erreichen. Wir haben im Schnitt über 30 Prozent Nutzerakzeptanz, unser Ziel ist in den nächsten Monaten auf 40 Prozent zu kommen. Damit decken wir schon einen großen Teil der Gäste ab, vor allem die Altersgruppe zwischen 18 und Anfang 40. 

Welche Daten müssen die Nutzer herausgeben? 

Ben Wollscheid: Bei der Bezahlung treten wir nicht als Treuhänder auf, sondern das Geld fließt direkt an den Gastronomen. Wir hinterlegen im System dessen Paypal- und Stripe-Konten, auf die der Gast dann direkt bezahlt. Die Rechnung wird über den Paymentanbieter an die e-Mail-Adresse des Gastes geschickt, sodass sie nicht händisch eingegeben werden muss. Es sei denn, der Gast will bar bezahlen, dann muss die e-Mail-Adresse für die Rechnung eingetippt werden. 

Wir bekommen also weder Kreditkartendaten, noch die Klarnamen der Gäste und können niemanden identifizieren. Es lässt sich zwar nachvollziehen, was bestellt wurde, wir kennen aber nicht die reale Person dahinter.

Digital Ordering

Stand jetzt ist es auch nicht Teil unseres Businessmodells, Daten zu verkaufen. Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass wir der Industrie gewisse Datensätze über die Absätze ihrer Produkte in bestimmten Outlets zur Verfügung stellen, jedoch ohne, dass diese mit personenbezogenen Daten der Gäste in Verbindung gebracht werden können.